Wie wir Naturheilverfahren und Schulmedizin vereinen können

von Fenja Zingsheim, überarbeitet 07/24, Lesezeit: 4 Minuten

Wenn die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt, wenden sich die Menschen immer öfter alternativen und naturheilkundlichen Verfahren zu. Die Naturheilkunde basiert auf natürlichen Heilmethoden wie Pflanzenheilkunde, Akupunktur und Homöopathie und zielt darauf ab, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Im Gegensatz dazu konzentriert sich die Schulmedizin auf wissenschaftlich fundierte Methoden und Technologien zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Die Kombination beider Ansätze bietet ein enormes Potenzial: Während die Schulmedizin schnelle und gezielte Behandlungen ermöglicht, kann die Naturheilkunde das allgemeine Wohlbefinden und die Prävention stärken. Gemeinsam angewendet, fördern sie ein ganzheitliches Gesundheitskonzept, das Körper und Geist gleichermaßen berücksichtigt.

Naturheilverfahren in der Anwendung

Stellenwert der Naturheilkunde

Was unterscheidet die Naturheilkunde und damit oftmals die Arbeit von Heilpraktikern von Ärzten der Schulmedizin? Und ist eine strikte Unterscheidung nötig?

"Unter Schulmedizin versteht man die Gesamtheit der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, soweit die zugrunde liegenden pathogenetischen Erklärungsmodelle, die in der universitären medizinischen Ausbildung (Schule) anerkannt sind und gelehrt werden.“ (Augustin & Schmiedel, 2003)

Wenngleich die Naturheilkunde in diese Definition inbegriffen werden kann, erfährt sie einen anderen Stellenwert als die Schulmedizin. Es kann an dieser Stelle sogar von einer Außenseiterrolle gesprochen werden. Doch nicht nur die Naturheilkunde muss sich fachlicher Kritik unterziehen. So wird der Schulmedizin unterstellt, dass sie die ganzheitlichen Aspekte in ihrem Diagnose- und Therapieverfahren nicht berücksichtigt. Der Aspekt der Ganzheitlichkeit und die Betrachtung der Umstände des Menschen stehen wiederum bei naturheilkundlichen Verfahren und somit in der Arbeit der Heilpraktiker an erster Stelle (vgl. Bierbach, 2006).

Eine ganzheitliche Betrachtung bei Beschwerden ist wichtig, weil sie den Menschen als eine untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele betrachtet. Dies ermöglicht es, die vielfältigen Ursachen von Beschwerden zu erkennen, die sowohl körperlicher als auch psychischer Natur sein können. Durch diese ganzheitliche Sichtweise in der Naturheilkunde kann eine individuell angepasste Behandlung entwickelt werden, die nicht nur Symptome bekämpft, sondern auch die zugrunde liegenden Ursachen adressiert. Sie fördert die Selbstheilungskräfte des Körpers und strebt langfristiges Wohlbefinden an, indem sie das Gleichgewicht und die Harmonie in allen Aspekten des Lebens unterstützt.

Da die Thematiken der Heilkunde und auch alternative naturheilkundliche Verfahren nicht für alle präsent sind, stellen wir sie hier gern stichprobenartig vor.

Was sind naturheilkundliche Verfahren?

Den oben in der Theorie beschriebenen Unterschied von Ansätzen der Schulmedizin zur Alternativmedizin können wir an einem überspitzten Beispiel verdeutlichen: Eine Person erhält die Diagnose Migräne. Im akuten Falle würde die Schulmedizin wahrscheinlich Schmerzmittel und Antemetika (Mittel gegen Erbrechen) verschreiben, prophylaktisch Betablocker und Serotonin-Hemmer.

Die Naturheilkunde würde hier u.a. auf der Ernährungsebene ansetzen. Hier würde eine Ernährungsumstellung mit Fokus auf eine ausgewogene, vitaminreiche und vollwertige Kost oder schmerzlindernde Kräuter, wie Pestwurz und Mutterkraut, empfohlen werden. Ebenfalls denkbar sind Maßnahmen wie Heilfasten zur Entschlackung oder Entspannungs- und Atemtechniken. Viele körperliche Symptome und Beschwerden gehören einer psychosomatischen Ursache an, die keinesfalls unbeachtet bleiben sollte. Es ist zu bedenken, dass dies nur einige ausgewählte von vielen Möglichkeiten sind, einen Patienten mit Migräne zu betreuen.

Welche naturheilkundlichen Verfahren gibt es?

Akupunktur: Dieses Verfahren stammt aus der traditionellen chinesischen Medizin. Sehr feine Nadeln werden zur Stimulation von Akupunkturpunkten in gezielte Stellen am Körper gesetzt. Sowohl die Psyche als auch der Körper werden hier durch die Ausschüttung von diversen Botenstoffen beeinflusst. Eingesetzt wird die Akupunktur vermehrt in der Schmerztherapie.

Homöopathie: Homöopathische Mittel werden aus stark verdünnten, natürlichen Substanzen hergestellt. Diese alternative Medizin basiert auf dem Prinzip „Ähnliches mit Ähnlichem heilen“ und der Idee, dass die Verdünnung einer Substanz ihre Heilkraft verstärkt, bekannt als Potenzierung. Ziel ist es, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu stimulieren und Behandlungen individuell auf den Patienten abzustimmen.

Phytotherapie: Phytotherapie ist die Anwendung von Pflanzen und pflanzlichen Produkten zur Vorbeugung, Linderung und Behandlung von Krankheiten. Diese Therapieform nutzt die heilenden Eigenschaften von Pflanzen, wie zum Beispiel Kräutern, Blumen, Wurzeln oder Baumrinden, um das körperliche Wohlbefinden zu fördern. Sie basiert auf einer langen Tradition und wird in vielen Kulturen weltweit angewendet. Die Phytotherapie betrachtet die Pflanzeninhaltsstoffe und deren Wirkungen auf den menschlichen Körper, um gezielt therapeutische Effekte zu erzielen.

Aromatherapie: In der Aromatherapie wird ein bestimmter Duft oder ein bestimmtes ätherisches Öl zur Regulierung der Stimmung oder zu Besserung von Schmerzen eingesetzt. Die Duftmoleküle regen über die Nasenschleimhaut das limbische System an und setzen dadurch bestimmte Prozesse im Gehirn in Gang bzw. setzen bestimmte Botenstoffe frei. So kann z.B. der Duft von Lavendel beruhigend wirken und der Einsatz eines Pfefferminzöls Kopfschmerzen bessern.

Weitere naturheilkundliche Verfahren sind beispielsweise: Ayurveda, Bachblüten-Therapie, Entspannungsverfahren wie Meditation oder progressive Muskelentspannung.

Bewegungstherapeutische Verfahren

Neben Naturheilverfahren können auch bewegungstherapeutische Verfahren hilfreich sein, um Gesundheit und Wohlbefinden auf allen Ebenen zu steigern:

Bewegungstherapie: Hierunter fallen bekannte Methode wie Physiotherapie, Yoga, Pilates, Qigong und Tai Chi. Durch gezielte körperliche Übungen, oft in Verbindungen mit dem eigenen Atem, wird der Körper sanft in Bewegung gebracht und Verspannungen können gelockert werden. Eng daran gekoppelt und für viele bekannt ist auch die manuelle Therapie.

Manuelle Therapie: Zu manuellen Therapien gehören z.B. Osteopathie oder Massagen. Sie sind bewährte Methoden zur Beschwerde- und Schmerzlinderung des Bewegungsapparates. Beiden gemein sind spezielle Griff- und Mobilisationstechniken als Basis.

Sicherlich kommen Dir einige dieser Verfahren bereits bekannt vor oder vielleicht Du nutzt sie sogar schon in Deinem Alltag und profitierst von ihren heilsamen Effekten.

Massageöl zum Einsatz von manueller Therapie

Fehlende Anerkennung alternativer Medizin

Wie schwierig es immer wieder ist, beide Ansätze vereint zu betrachten, sehen wir aktuell am Beispiel der Homöopathie. Diese wird vermehrt mit der Arbeit von Heilpraktikern in Verbindung gebracht und nicht mehr von den staatlichen Krankenkassen finanziell unterstützt. Fehlende wissenschaftliche Beweise zur Heilung durch homöopathische Mittel sind der Grund für diese Entwicklung. So wird auch die Behandlung beim Heilpraktiker nicht unbedingt von Krankenkassen finanziell unterstützt. Dabei sollte bedacht werden: Es gibt Ärzte als auch Naturheiler, die mit homöopathischen Mitteln arbeiten!

Chancen durch Kombination der Naturheilverfahren und Schulmedizin

Die Kombination der Naturheilkunde mit der Schulmedizin sollte in den Fokus gerückt werden. Nicht alle Krankheiten und Beschwerden müssen mit starken Medikamenten behandelt werden. Genauso können nicht alle Krankheiten und Beschwerden durch die individuelle Lebensbetrachtung und naturheilkundliche Verfahren beseitigt werden. Wir können Naturheilverfahren in Betracht ziehen und trotzdem schauen, was die Schulmedizin rät und andersrum. Es kann von Vorteil sein, Synergien zu nutzen und über den Tellerrand hinauszuschauen.

Mit dieser Thematik war auch unsere Absolventin Daniela konfrontiert, bevor sie die Ausbildung zur Heilpraktikerin absolviert hat. Was hat sie bewegt, sich der Naturheilkunde zu widmen? Daniela bietet uns einen spannenden Einblick in ihre Erfolgsgeschichten. Ihr Ansatz ist: Für unsere Gesundheit sollten wir ganzheitliche Faktoren und Angebote in Betracht ziehen, die der alternativen Medizin mindestens genauso viel Platz schaffen, wie der Schulmedizin. Denn es schadet nicht, bei Kopfschmerzen eine Schmerztablette einzunehmen und parallel darauf zu achten, eine ausgewogene Ernährung sowie Heil- und Entspannungstechniken zu nutzen, um zukünftig beschwerdefreier zu sein.

ALH-Tutorin Fenja Zingsheim

Über Fenja Zingsheim

Durch ihr Studium der Sozialwissenschaften und dem anschließenden Masterstudium in Soziologie wirft Fenja einen Blick auf die Relevanz der Ganzheitlichkeit in der heutigen Gesellschaft. Dabei freut sie sich, als Studienorganisatorin und Tutorin, Studenten der ALH-Lehrgänge zu begleiten und deren Wissensaustausch und positive Entwicklung zu fördern.

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