Dankbarkeitsreframing: Positive Psychologie in der Weihnachtszeit

Zeit des Schenkens

Wir haben Dezember und Weihnachten steht in der Tür. Wenn man nach draußen oder in die Nachrichten schaut, dann sieht man, Weihnachten ist dieses Jahr ganz anders. Wir befinden uns in einer Zeit der Stille, haben keinen Weihnachtsmarkt und vielleicht Sorgen, ob wir die Familie sehen können. Gedanken, die die meisten von uns nie hatten. Aber obwohl die äußeren Umstände erst einmal eher deprimierend wirken können, so ist es nicht gesagt, dass wir uns auch so fühlen müssen. In der Positiven Psychologie weiß man, dass 40 % unseres Glücks von unserer Einstellung, unseren Gedanken und Handlungen abhängt und nur 10 % von den äußeren Umständen. „Na toll,“ mag der ein oder andere denken, „ich erleb´ es aber anders“. Oft glauben wir, dass Umstände für unser Erleben bestimmend sind. Einem geht es gut, weil dies und das gut läuft und schlecht, weil dies und das schlecht läuft. Aber wenn wir genauer hinschauen, dann werden wir erkennen, dass in erster Linie nicht die Umstände unsere Gefühle beeinflussen, sondern es viel mehr unsere Bewertung und Interpretation der Umstände sind, die unsere Gefühle beeinflussen.

So wird jemand, der sich über die Zeit und Muße freut, die er aufgrund von weniger sozialen, Weihnachtsverpflichtungen wie Weihnachtsfeiern oder -besuchen gewonnen hat, sich anders fühlen, als jemand der vor allen Dingen den fehlenden Glühwein auf einem Weihnachtsmarkt betrauert. Das Dankbarkeitsreframing ist ein wunderbares Tool, die Dinge durch eine andere, glücksfördernde Brille zu sehen. Dabei formuliert man die Bewertung einer Situation so um, dass man den möglichen Gewinn beleuchtet und dafür dankbar ist. Wenn wir bei unserem Glühwein-Beispiel bleiben, können wir dafür dankbar die leckere Tasse Glühwein im Warmen genießen zu können. Das Dankbarkeitsreframing sucht nach dem Geschenk in einer Situation und hebt es hervor - ganz nach dem Motto: „Wer suchet, der findet.“

Es ist ein Tool, das dabei helfen kann, die Perspektive zu verändern. Dennoch ist es in der Positiven Psychologie nicht die Absicht, Leid zu verharmlosen, weg zu drücken oder runter zu spielen. Ganz im Gegenteil. Ein wesentlicher Aspekt des Happiness Trainings ist es, auch unangenehmen Gefühlen wie Trauer, Ärger und Frustration Raum zu geben. Sie da sein zu lassen, anzuerkennen und zu würdigen. Manchmal geht es auch nur darum und für jeden weiteren Schritt ist es noch zu früh. Wenn die Zeit jedoch reif ist oder die Gefahr besteht, sich im eigenen Drama völlig zu verstricken, dann bietet die Positive Psychologie Tools für einen neuen, erhebenderen Fokus wie beispielsweise das Dankbarkeitsreframing an.

Eine andere Möglichkeit ist es, unangenehme Gefühle mit positiven zu überschreiben. Es gibt Studien, die zeigen, dass sich der körperliche Organismus durch eine positive Emotion wieder messbar regulieren kann. In der Wissenschaft nennt sich dies die Undo Hypothese. Diese Hypothese besagt, dass sich negative Gefühle durch positive wieder aufheben. Und in einer positiven Grundstimmung lässt sich das Gute in einer Situation leichter finden. Also, wie nun positive Emotionen generieren?

In der Positiven Psychologie wurden hierfür verschiedenste Methoden entwickelt. Die sicherlich bekannteste ist das Dankbarkeitstagebuch, in dem täglich reflektiert wird, wofür man am Tag dankbar ist. Ein Ritual, das empirisch erwiesen, mehr Glücksgefühle schafft und sogar bei Schmerzpatienten zu geringerem Schmerzempfinden führt. Eine weitere, in der Weihnachtszeit sehr passende Methode, ist das aktive Geben. In der Wissenschaft referiert man dazu als „act of kindness“. Man hat international erforscht, dass das Geben glücklicher macht als das Nehmen. Hierfür hat man ein Experiment durchgeführt, bei dem jeder Proband $5 oder $ 20 Dollar bekommen hat. Eine Gruppe durfte entscheiden, ob sie das Geld lieber für sich oder eine andere Person ausgeben möchte. Eine weitere Gruppe sollte es für sich ausgeben, eine Dritte musste es für andere ausgeben. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Menschen, die das Geld für andere ausgegeben haben, egal ob freiwillig oder durchs Setting vorgegeben, sich danach glücklicher fühlten. Spannend ist, dass die Höhe des Betrags für das subjektive Glücksempfinden unwichtig war.

Weihnachten bietet uns viele Möglichkeiten, zu geben. So möchte ich Dich einladen, dieses Jahr mal zu beobachten, wie es Dir dabei geht. Wie Du Dich beim Geben fühlst und für Dich als Quell der Freude und des Glücks zu sehen. Ist die Glücksbrille schließlich einmal auf, fällt auch das Dankbarkeitsreframen ganz leicht, auch wenn die Umstände anders sind als normal.

(Sollte jedoch der Schmerz, die Frustration oder Angst so groß sein, dass weder Emotionsüberschreibung noch Reframen im Moment innerlich greift, dann gilt es dies zu würdigen, zu fühlen und anzunehmen – mit Selbstmitgefühl und innerer Freundlichkeit. Nach Regen kommt wieder Sonnenschein. Es sind keine Techniken, mit denen man ein inneres Gewitter besänftigen kann, aber mit den man sehr erfolgreich von innerlich (leicht) bewölkt zu mehr blauem Himmel kommen kann. Der Sonnenschein kommt dann von selbst und wenn Schnee liegt wird er sogar noch reflektiert.)

 

Caroline de Jong

Über Caroline de Jong:

Caroline de Jong arbeitet mit ihrem Hintergrund als Psychologin (MSc.), Körper-psychotherapeutin, Achtsamkeits- und Yogalehrerin sowohl als Studientutorin als auch als Dozentin an der ALH-Akademie, an der sie u.a. die Ausbildung zum Happinesstrainer betreut. Seit über 15 Jahren beschäftigt sie sich mit Achtsamkeit, Bewusstseinsentwicklung und Ganzwerdung und freut sich über jeden, der sich für diese Themen begeistert und sich darin weiterbilden möchte. In ihrer Freizeit tanzt und musiziert sie gerne und liebt es, die Räume hinter Bewegungen und Klängen zu erforschen, sowie sich einfach im Moment zu verlieren.

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