Krisenintervention - eine präventive Maßnahme

Mögliche Bewältigungsmethoden für Lebenskrisen

Fenja Zingsheim, 04/23, Lesezeit: 5 Minuten

Wenn unser seelisches Gleichgewicht aus den Fugen gerät, ein unvorhersehbares Ereignis im Leben uns aus der Bahn wirft oder eine emotionale Stresssituation auch mit unseren gewohnten Bewältigungsmechanismen nicht mehr zu überwinden ist, können wir in eine Lebenskrise geraten. Wut, Ärger, Überforderung, Angst, Bedrohung, Hilflosigkeit sind häufig Gefühle, die in diesen Situationen empfunden werden können. Helfen können verschiedene Methoden der Krisenintervention. Die Krisenintervention ist eine präventive Maßnahme, um andere in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen. Dadurch sollten Gefährdungen erkannt werden und Herausforderungen besser gemeistert werden. Dabei ist es wichtig, erst mal den Anlass beziehungsweise den Auslöser der Krise zu verstehen. Das gilt sowohl für sich selbst, aber auch für Außenstehende.

Frau sitzt alleine auf Bett

Was ist eine Krise?

Eine Krise ist das Ungleichgewicht zwischen Belastung und bisher bewährten Krisenbewältigungsmethoden.

Im Laufe eines Lebens kann jede Person eine Krise erleben. Diese schwierigen Lebensphasen können die verschiedensten Auslöser haben und müssen nicht zwingend auf psychische Erkrankungen zurückzuführen sein. So belastend diese Lebensphasen auch sein können, sind sie genauso Teil unseres Lebens wie die schönen und leichten Momente.

Wie wird eine Krise ausgelöst?

Eine Krise kann verschiedene Auslöser haben. In den meisten Fällen wird sie durch ein belastendes Ereignis ausgelöst. Krisen können unvorhersehbar, ganz plötzlich passieren, aber auch durch eine Anhäufung belastender Situationen ausgelöst werden. Wenn dann die gewohnten Bewältigungsmechanismen scheitern und auch nach einer längeren Zeit keine Besserung eintritt, kann das zu einem kritischen Zustand führen, bei dem Gefühle wie Wut, Angst und vor allem Überforderung ausgelöst werden. Oft fühlen sich betroffene Menschen dann antriebslos oder verzweifelt und auch das Selbstbewusstsein kann darunter leiden. Dann kann eine psychologische Krisenintervention hilfreich sein.

Dabei wird zwischen einer Lebensveränderungskrise, also einer Entwicklungskrise, und einer traumatischen, also einer situativen Krise unterschieden. Soziale oder biologische Ausnahmezustände können Auslöser für Lebensveränderungskrisen sein. Also beispielsweise eine Trennung oder ein Umzug, der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Eintritt in die Rente. Ständig andauernde Konflikte innerhalb einer Partnerschaft können sehr belastend sein. Vertrauensbrüche, Enttäuschungen und (bevorstehende) Trennungen können einen aus der Bahn werfen und kommen sowohl in freundschaftlichen als auch familiären Beziehungen vor. Besonders heute können hohe Belastungen am Arbeitsplatz auch zu persönlichen Krisen führen. Überforderungen, Stress, zu viele Aufgaben, zu wenig Zeit. Diese Faktoren können sich negativ auf unsere mentale Gesundheit ausüben. Auch soziale Veränderungen können Krisen auslösen, wie etwa unsichere Zukunftspläne, der Verlust des Jobs und damit einhergehende finanzielle Sorgen oder die Angst um die Familie.

Eine situative Krise kann beispielsweise durch persönliche Schicksalsschläge ausgelöst werden. Sie sind plötzlich und unvorhersehbar. Auslöser können der plötzliche Verlust einer geliebten Person oder Gewalt sein. Auch Krankheiten können Auslöser sein. Dabei kann die eigene (chronische) Erkrankung zu einer großen Belastung führen, aber auch Erkrankungen nahestehender Personen oder deren Pflege.

Wir alle haben wahrscheinlich schon einmal eine persönliche Krise erlebt, die mit bestimmten Bewältigungsmechanismen überwunden werden konnte. Bleibt diese Situation allerdings dauerhaft, kann das zermürbende Gefühl der Hilflosigkeit zu Erkrankungen führen und psychische, aber auch körperliche Beschwerden auslösen.

Körper und Psyche bedingen sich

Es ist bekannt, dass man physische und psychische Gesundheit nicht nur streng getrennt voneinander betrachten kann. Das eine bedingt das andere. Ungewohnte, herausfordernde Lebensphasen können uns unter Stress setzen. Der Körper schüttet Stresshormone aus und bleibt in Alarmbereitschaft. Für eine gewisse Zeit kann uns das helfen, uns zum Beispiel besser auf eine Sache zu konzentrieren, besser zu funktionieren. Hält dieser Zustand aber an, kann auch die Gesundheit darunter leiden.

Früher oder später gibt uns unser Körper Zeichen und wir spüren, wenn wir Stress oder Krisen zu lange ausgesetzt sind. Ein typisches Anzeichen kann innere Anspannung und Unruhe sein. Auch Kopfschmerzen oder Beschwerden des Magendarmtrakts können auftreten. Eine Verschlechterung des Schlafes ist oft nicht unüblich. Grübeln und Gedankenkreisen, das vom Einschlafen abhält, uns vor dem Wecker aufwachen lässt oder den Schlaf unterbricht und uns immer wieder aufwachen lässt. Die daraus resultierende Müdigkeit kann zu Konzentrationsschwierigkeiten führen, die wiederum auch unabhängig von der Schlafstörung auftreten können. Man hat Probleme sich auf eine Sache zu konzentrieren, schweift schnell aber oder lässt sich schnell ablenken. Wenn keine Lösungen für die Lebenskrise gefunden werden können, ein Gefühl der Ausweglosigkeit auftritt oder man sich dauerhaft erschöpft fühlt, kann eine Lebenskrise zu einer Depression führen – sie muss es nicht, liegt aber je nach persönlicher Vulnerabilität im Bereich des Möglichen. Beim Auftreten von Depressionssymptomen sollte man sich unbedingt ärztliche Hilfe suchen.

Angehörige tröstet Betroffene während Krise

Phasen der Krise

Man kann das Erleben einer Krise in verschiedene Phasen unterteilen. Dazu zählen Ereignis, Schock, Verleugnung, Angst, Wut, Trauer, Interesse, Freude. Bei Emotionen beziehungsweise Gefühlen gibt es natürlich keine festgesetzte Reihenfolge. Diese Emotionen müssen nicht in der beschriebenen Reihenfolge erlebt werden.

Schritte der Krisenintervention

  1. Den Krisenanlass verstehen
  2. Eine gemeinsame Krisendefinition erarbeiten
  3. Gefühle ausdrücken bzw. Entlasten
  4. Bewältigungsstrategien aktivieren
  5. Nach Lösungen suchen
  6. Rückblick und Fazit

Eine psychologische Krisenintervention ist eine kurzfristige Hilfestellung, mit der die Situation der betroffenen Person verbessert werden soll. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit einer Kurz- oder Langzeittherapie. Eine wesentliche Methode der Krisenintervention sind Gespräche. In diesen Gesprächen werden die Situation und der Auslöser evaluiert und es wird nach Lösungen gesucht. Dabei können verschiedenen Übungen aus dem Resilienz- oder dem Achtsamkeitstraining eingesetzt werden.

Sind Krisen immer negativ?

Krisen gehören zum Leben dazu und lassen sich nicht immer vermeiden. Aber sind Krisen ausschließlich negativ? Krisen können auch als Chance gesehen werden, um Widerstand aufzubauen. Diese mentale Widerstandsfähigkeit, auch als Resilienz bezeichnet, kann man üben und stärken, um sich so auf alltägliche Herausforderungen vorzubereiten. Wie resilient Menschen sind, kann aber nicht pauschal gesagt werden. Verschiedene Menschen reagieren auf unterschiedliche Situationen individuell.

Verantwortung übernehmen durch Selbstreflexion

In Krisenzeiten ist es wichtig, herauszufinden, was der Auslöser für die Situation ist. Dabei erscheint es auf den ersten Blick vielleicht leichter, nach der Schuld im eigenen Umfeld zu suchen. Es ist wichtig, eigene Verhaltensweisen zu reflektieren. Diese Übung aus der Achtsamkeitspraxis trägt dazu bei, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Durch verschiedene Übungen der Achtsamkeit kann der eigene Blick klarer werden und wir erkennen, was wirklich ist. Sich in Krisensituationen hilflos zu fühlen, ist nicht ungewöhnlich. Es kann aber auch vorkommen, dass wir uns der Hilflosigkeit zu sehr hingeben. Eine wichtige Methode ist das Reflektieren, Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen und uns nicht dauerhaft zu bedauern. Es ist vor allem wichtig, aktiv zu werden und selbstbestimmt zu handeln. Auch dieses Bewusstsein kann man trainieren.

Bewältigung von Krisen

Krisensituationen sind individuell und werden auch so empfunden. Es ist sogar durchaus möglich, dass die sich in der Krise befindende Person versucht, ihre Situation durch selbstschädigende Verhaltensweisen, zumindest für den Moment, zu verbessern. Oft hilft es Betroffenen, ihre belastenden Gedanken zu teilen. Dabei kann ein Gespräch mit einer vertrauten Person helfen oder man holt sich professionelle Hilfe als Unterstützung und Orientierung.

Krisenintervention ist eine sehr wichtige Methode, um Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen, da sie, wenn Krisen dauerhaft sind, Auslöser für psychische Erkrankungen sein können, wie beispielsweise Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen. Krisenintervention soll dazu beitragen, das drückende, belastende Gefühl einer Lebenskrise zu lösen. Dabei sollen die Symptome gelindert werden und gefährliche Situationen wie beispielsweise Gewalt oder Suizid präventiv behandelt werden. Mit Hilfe von Dritten können beispielsweise auch Strategien entwickelt werden, wie Betroffene aus der Krise kommen und ihr Leben wieder selbstständig meistern können.

Wenn Du Menschen individuell auf dem Weg zu einer positiven Veränderung begleiten und sie dabei unterstützen möchtest, dass sie ihren Alltag stressresistenter erleben, wirf einen Blick auf die Ausbildungen zum Psychologischen Berater oder zum Resilienztrainer bei der ALH-Akademie.

ALH-Tutorin Fenja Zingsheim

Über Fenja Zingsheim

Durch ihr Studium der Sozialwissenschaften und dem anschließenden Masterstudium in Soziologie wirft Fenja einen Blick auf die Relevanz der Ganzheitlichkeit in der heutigen Gesellschaft. Dabei freut sie sich, als Studienorganisatorin und Tutorin, Studenten der ALH-Lehrgänge zu begleiten und deren Wissensaustausch und positive Entwicklung zu fördern.

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