Mit Entschleunigung zu mehr Ruhe & Genuss

ALH Blog Entschleunigung

Wie Achtsamkeit uns helfen kann

von Caroline de Jong

Schnelllebigkeit im Alltag

Unser Leben hat wieder an Tempo gewonnen. Alte Freiheiten sind zurück, die Freizeitgestaltung ist variationsreich wieder möglich und neben der analogen Welt hat die digitale Welt noch mehr Einzug in unser Leben erhalten. 

Auch wenn wir die Vielfalt sicher wieder sehr schätzen, so kommen mit ihr auch wieder alte Herausforderungen. Vieles prasselt auf einen ein und will schnell entschieden und erledigt werden.
So kann es sein, dass der ein oder andere von uns, sich von dem Tempo auch überrollt und gestresst fühlen kann oder man merkt, dass man auch die Freizeit im Funktionier-Modus durchläuft und auf die Auszeit wartet.
Dabei sollte doch jetzt zum Jahresende hin die Zeit gekommen sein, aufzuatmen und wieder mehr Ruhe in unserem Alltag mit all seiner Vielfalt zu erleben  und diese Ruhe auch mit in das nächste Jahr zu nehmen.

Wie kann ich mich selbst entschleunigen?

Wer schon mal die Rosinenübung aus der Achtsamkeit gemacht hat, der weiß, dass Intensität und Genuss gar nicht so sehr mit Quantität zu tun hat, sondern viel mehr mit Entschleunigung. Bei der Rosinenübung nimmt man sich Zeit, mit all seinen Sinnen eine Rosine achtsam zu erforschen und genussvoll zu essen. Dabei entsteht Intensität und Genuss dadurch, dass man sich mit all seinen Sinnen auf den gegenwärtigen Moment einlässt und ihn dadurch intensiv erlebt. Allerdings wird sich während dieser Übung insgesamt 10 Minuten Zeit für das Essen von 2 Rosinen genommen. Eine Zeit- und Essensration, die für den Alltag völlig untauglich ist. Wie also kann Entschleunigung in unserem Alltag aussehen? 

Antworten auf diese Frage könnten vielschichtig ausschauen. Man könnte schauen, wo Aktivitäten ausgedünnt werden könnten, um Freiräume für Ruhe und Muße zu schaffen. Man könnte schauen, wie das Zeitmanagement optimiert werden kann oder auch, wo Handlungen effizienter gestaltet werden können, um Zeit zu gewinnen. Alles sicherlich sinnvolle, unterstützende Ansätze, aber wenn man ausschließlich schaut, wie man Zeit auf der Uhr gewinnt, läuft man Gefahr, die „gewonnene Zeit“ mit Handykonsum, Haushalt oder anderen Dingen wieder erneut zu füllen, um so das innere Rödeln aufrecht zu erhalten. Daher ist es hilfreich, nicht nur zu schauen, wie kann Zeit auf der Uhr gewonnen werden, sondern auch, wie ein Gefühl von Zeit entsteht, das uns innerlich zur Ruhe kommen und uns das Erlebte mehr genießen lässt.

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Auch hier kann die Achtsamkeit uns hilfreiche Anhaltspunkte geben, wie dies gelingen kann. Denn in der Achtsamkeit wird zwischen 2 Modi unterschieden: Dem Tun- und Seins-Modus. Der Tun-Modus ist gekennzeichnet von Zielstrebigkeit, teils auch Kontrolle und großer innerer Aktivität meist in Form von Getriebenheit, Grübeln, vielen planerischen oder kreisenden Gedanken. Der Seins-Modus hingegen ist gekennzeichnet von innerer Ruhe, einem Gefühl von Zeit haben, eintauchen in den Moment und damit einer Ziellosigkeit. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass es sich bei den Modi um innere Zustände handelt und sie nichts über äußere Aktivitäten sagen. Du kannst ruhig dasitzen und innerlich in der Grübelschlaufe und damit im Tun Modus sein oder auch die Wohnung putzen und innerlich dabei ganz ruhig, klar und im Sein verankert sein. 

Ein Gefühl von Zeit haben hat also nicht nur mit äußeren Umständen zu tun, sondern auch damit, in welchem inneren Modus du bist und ob du genügend Seins-Modus in deinem Leben erlebst. Natürlich begünstigt äußere Ruhe und Langsamkeit den Seins-Modus, aber es ist keine zwingende Bedingung. Es ist beispielsweise möglich, durch das Üben von Achtsamkeit auch in einem vollen, anspruchsvollen Alltag, Entschleunigung und Sein zu erleben.  

Dabei geht es in der Achtsamkeit immer wieder darum, die Aufmerksamkeit urteilsfrei auf den gegenwärtigen Moment zu richten und sie so zu sammeln. Klingt sehr abstrakt? Lass es mich Dir ganz praktisch erklären und dafür ein klein wenig ausholen: In der Regel hält unser Verstand uns auf Trapp. Er kaut uns To Do Listen vor in Momenten, in denen wir gerade gar nichts machen können oder entspannen wollen, holt Geschichten aus der Vergangenheit hervor, in der Regel ärgert er sich noch über Vergangenes, analysiert, philosophiert oder projiziert in die Zukunft Worse Case Szenarien oder auch Schönes und sorgt dafür, dass unser Nervensystem befeuert wird und wir uns in den Tun-Modus verheddern. Achtsamkeit lädt uns dazu ein, primär über die Sinne immer wieder zurückzukommen in das Hier und Jetzt. Dadurch entsteht Abstand zu den Gedanken und es kann sich ein Raum öffnen, in dem wir innere Ruhe und Sein erleben, sogar dann, wenn wir äußerlich aktiv sind. 

Entschleunigung praktizieren 

Zu Beginn ist es allerdings sicher hilfreich, auch äußerlich einen Moment innezuhalten. So kannst du beispielsweise Deine Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment richten, indem Du Deiner Aufmerksamkeit erlaubst, sich auf einer Sinneswahrnehmung auszuruhen, beispielsweise das Spüren Deiner Ein- und Ausatmung oder dem bewussten Lauschen der Geräusche in Deiner Umgebung. Wähle allerdings nur einen Ankerpunkt, sprich entweder das Lauschen der Geräusche oder das Spüren Deines Atems. Dabei wirst Du sicher feststellen, dass das nur für einen kurzen Augenblick gelingen mag und Du schon schnell wieder in Gedanken versunken bist. Das ist ganz normal. Achtsamkeit ist wirklich eine Übungspraxis, bei der es für den Moment des Übens darum geht, immer wieder das Abschweifen zu merken, um dann wieder zurückzukommen auf den gewählten hier und jetzt Anker. In diesem stetigen Zurückkommen, auf das, was jetzt gerade tatsächlich geschieht, z.B. Heben und Senken der Bauchdecke, kann sich innere Präsenz aufbauen, die uns Ruhe, Klarheit und Freude schenkt.

Natürlich hilft es beim Erlernen von Achtsamkeit, wenn Du Dir feste (Meditations-)Zeiten am Tag einbaust, in denen Du Deiner Aufmerksamkeit immer wieder erlaubst, mit der Wahrnehmung von Deinem Atem zur Ruhe zu kommen. Du kannst dafür auch mit der Einatmung ein sanftes, entspanntes „ein“ Denken und mit der Ausatmung ein sanftes „aus“, um Deine Aufmerksamkeit leichter sammeln zu können. Du kannst Dir aber auch Inseln der Achtsamkeit schaffen, in denen Du mehr Sein ins Tun gibst. Sehr geeignet sind dafür beispielsweise Haushaltstätigkeiten, das Gehen von bestimmten Wegen oder andere routinierte Bewegungsabläufe. So kannst Du bei Haushaltstätigkeiten beispielsweise immer wieder zurück kommen auf das, was du riechst, was du hörst oder was du siehst. Beim Gehen oder Fahrradfahren kannst Du beispielsweise Deinen Atem beobachten oder die Fußsohlen spüren. Bei viel Übung braucht man dann auch gar nicht langsamer gehen oder langsamer putzen. Aber wenn Du merkst, Du kommst innerlich in eine Getriebenheit, dann nimm ruhig zusätzlich Tempo raus und mach es einfach einen Ticken langsamer.

Dankbarkeit

Eine weitere Stütze für mehr Ruhe, Genuss und Entschleunigung ist das Praktizieren von Dankbarkeit. Dankbarkeit fühlen wärmt unser Herz und schenkt uns dabei Ruhe und Zufriedenheit. Und das Schöne ist: wir können diesem köstlichen Gefühl auf die Sprünge helfen, indem wir uns 5 Minuten am Tag nehmen, in denen wir uns vergegenwärtigen, für was wir in unserem Leben dankbar sind!

Du kannst gerne aufschreiben, wofür Du dankbar bist, das hilft meistens, um leichter ins Gefühl zu kommen. Du kannst Dir aber auch nur Gedanken über Deine Dankbarkeit machen z.B. wenn Du in der Straßenbahn sitzt oder gerade irgendwo wartest. 
Wenn wir uns Zeit nehmen, darüber nachzudenken, für was wir dankbar sein können, so finden wir in der Regel recht viel Dinge. Vor allem dann, wenn wir bewusst Dankbarkeit kultivieren für Dinge, die uns selbstverständlich erscheinen, wie z.B. über das Internet kostenfreien Zugang zu vielem wertvollen Wissen zu haben oder dass wir in einem Land leben, in dem Frieden herrscht.

Der Nutzen der Übung entsteht jedoch nicht dadurch, dass man möglichst viel auflistet, sondern viel mehr durch das intensive Fühlen von Dankbarkeit. So würde ich Dir empfehlen, einen Moment innezuhalten und der Dankbarkeit nachzuspüren, bevor Du mit der nächsten Sache fortfährst. Es hilft, Dankbarkeit regelmäßig zu praktizieren, um mehr und mehr in diese Haltung hineinzuwachsen. So wird gerne empfohlen 3-5 Dinge pro Tag zu notieren, für die man dankbar ist und wenn es mal weniger sind, dann ist es auch ok. 😉

Achtsamkeitstrainer

Wenn Du die Kraft der Dankbarkeit und Achtsamkeit näher erforschen und kennen lernen möchtest, dann kannst Du gerne auch die Achtsamkeitstrainer Ausbildung bei uns absolvieren. Hier lernst Du alles detailliert rund um Achtsamkeit, bekommst individuelle Hilfestellung, wie Du Achtsamkeit gut für Dich praktizieren und in Dein Leben integrieren kannst. Du erlernst außerdem, wie Du Achtsamkeit in seiner Bandbreite an andere vermitteln kannst.

Tutorin Achtsamkeitstrainer Caroline de Jong

Über Caroline de Jong
Caroline de Jong arbeitet mit ihrem Hintergrund als Psychologin (MSc.), Körper-Psychotherapeutin, Achtsamkeits- und Yogalehrerin sowohl als Studientutorin als auch als Dozentin an der ALH-Akademie, an der sie u.a. die Ausbildung zum Achtsamkeitstrainer und Happiness Trainer entwickelt hat und betreut. Seit über 15 Jahren beschäftigt sie sich mit Positiver Psychologie, Bewusstseinsentwicklung und Ganzwerdung und freut sich über jeden, der auf diese Themen neugierig ist.

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